.
Frage:
a) Unter welchen Bedingungen können Fern- oder
Nahwärmelieferungen dem Kriterium "70 Prozent aus
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen" zugeordnet werden und die Regelung
nach § 3 Abs. 3 in Anspruch genommen werden?
b) Welcher Primärenergie-Umwandlungsfaktor ist bei Fern- oder
Nahwärmenetzen mit unterschiedlichen Arten der Wärmeerzeugung zu
verwenden?Antworten:
1. Im Rechenverfahren nach DIN V 4701-10, auf das
die EnEV nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang 1 Nr. 2.1.1
verweist und das im Grundsatz auch als Grundlage für die
Bestimmung des Grenzwertes nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 gelten muss,
kann der für den Nachweis erforderliche Primärenergiefaktor für
Fern- oder Nahwärme pauschal nach Tabelle C.4-1 oder durch
Berechnung nach Nr. 5.4.1 oder 5.4.2 der Norm ermittelt werden.
2.
Bei der pauschalen Ermittlung nach Tabelle C.4-1 kann als
Randbedingung entweder die Bereitstellung der Wärme durch
Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Anlagen;
Primärenergie-Faktor bei fossilen Brennstoffen: 0,7; bei
erneuerbaren Brennstoffen: 0,0) oder durch Heizwerke
(Primärenergiefaktor bei fossilen Brennstoffen: 1,3; bei
erneuerbaren Brennstoffen: 0,1) angenommen werden. Erfolgt eine
Wärmebereitstellung vollständig auf eine der genannten Arten,
kann der Planer die pauschalen Faktoren nutzen.
3.
In der Regel liegt jedoch ein Mischfall unterschiedlicher
Wärmeerzeuger vor. Für diese Fälle haben die genannten
pauschalen Angaben keine Gültigkeit. Der Primärenergiefaktor
muss in
diesem Fall für das konkrete Wärmeversorgungs-System nach Nr.
5.4.1 (oder im Falle geplanter
Netze nach 5.4.2) der Norm DIN V 4701-10 ermittelt werden. Die
Ermittlung darf gemäß Nr. 5.4.1 DIN V 4701-10 nur auf der
Grundlage "... der buchhalterischen Jahresabschlussbilanz und
kaufmännisch nachweisbarer Energiebilanzen ..." erfolgen;
zumindest bei geplanten Netzen nur durch unabhängige
Sachverständige. Sie ist nicht Aufgabe des Planers. Stammt die
Wärme eines Fern- oder Nahwärmenetzes nicht ausschließlich aus
KWK-Anlagen oder aus Heizwerken mit erneuerbarem Brennstoff und
hat der Wärme-Lieferant den Primärenergiefaktor des Netzes nicht
nach der technischen Regel bestimmt und vorgelegt, so ist der
Primärenergiefaktor der Wärme mit 1,3 anzusetzen.
4.
Die Regelung nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 EnEV, nach der die Begrenzung
des Jahres-Primärenergie-Bedarfes nicht erforderlich ist, kann
in Anspruch genommen werden, wenn
ein ausschließlich aus KWK-Anlagen gespeistes Fern- oder
Nahwärmenetz zu mindestens
70 v. H. den Nutzenergiebedarf abdeckt oder
ein zu 70 v. H. aus KWK-Anlagen gespeistes Fern- oder
Nahwärmenetz vollständig den Nutzenergiebedarf abdeckt oder
eine zwischen diesen Varianten liegende Situation mit gleicher
Gesamtwirkung vorliegt.
5.
Die Regelung des § 3 Abs. 3 Nr. 1 kann also dann in Anspruch
genommen werden, wenn der
Endenergiebedarf des Gebäudes aus "Nicht-KWK-Quellen" 30 % des
Nutzenergiebedarfs nicht
übersteigt. Diese Auslegung steht im Einklang mit der Begründung
der Bundesregierung zur Verordnung. Der Nutzenergiebedarf des
Gebäudes besteht gemäß Definition der Norm DIN V 4701-10, auf
die Anhang 1 Nr. 2.1.1 EnEV diesbezüglich verweist, aus dem
Wärmebedarf für Heizen und Lüften (Heizwärmebedarf qh)
und dem Bedarf für Trinkwassererwärmung (Trinkwasserwärmebedarf
qtw). Letzterer ist verordnungsgemäß bei Wohngebäuden
mit 12,5 kWh/(m²a), in den übrigen Fällen mit "Null" anzusetzen.
6.
Die Regelung des § 3 Abs. 3 Nr. 1 muss nicht zwingend in
Anspruch genommen werden. Für die
Mehrzahl der Fälle ist ein Nachweis der Begrenzung des
Jahres-Primärenergiebedarfs nach DIN V 4701-10 möglich und nach
der Verordnung auch zulässig. Es ist ferner davon auszugehen,
dass sich dabei für den Bauherrn im Allgemeinen keine schärferen
materiellen Anforderungen ergeben als im Falle der
Inanspruchnahme der Regelung des § 3 Abs. 3 Nr. 1.
7.
Die vorstehende Auslegung gilt auch für die Bewertung von Fern-
und Nahwärmenetzen, in denen teilweise Wärme aus erneuerbarer
Energie (z.B. Geothermie, Deponiegas, etc.) zum Einsatz kommt.
Auch hier muss der Primärenergiefaktor für das konkrete
Wärmeversorgungssystem nach Nr. 5.4.1 oder 5.4.2 der Norm DIN V
4701-10 ermittelt werden. Es wird angeregt, dass die
Wärme-Wirtschaft Maßnahmen zur Ermittlung und Veröffentlichung
der benötigten Kennwerte ergreift, um Fehlentwicklungen
vorzubeugen.
Quelle: 20.06.2002
DIBt: 1.
Staffel Auslegungsfragen zur Energieeinsparverordnung

Update kostenfrei: Erfahren Sie
per E-Mail, wenn wir neue
Fragen und Antworten veröffentlichen.
Unser EnEV-Newsletter informiert Sie ca. alle zwei Wochen und Sie
bleiben auf dem Laufenden. Den Newsletter können Sie jederzeit
abbestellen.
|Ihr
Nutzen als Abonnent des kostenfreien EnEV-Newsletter


|
KURZINFO |
PRAXIS
|
VERORDNUNG |
AUSLEGUNGEN |
 |